Bienchen, check in! - Dein eigenes Bienenhotel bauen

Wenn wir an Bienen denken, stellen wir uns oft Honigbienen vor, die emsig von Blüte zu Blüte fliegen. Doch neben diesen bekannten Honigproduzenten gibt es auch eine Vielzahl von Wildbienen und anderen Insekten, die eine enorm wichtige Rolle bei der Bestäubung unserer Pflanzen spielen. Leider schwinden ihre natürlichen Lebensräume und Nahrungsquellen immer mehr. Aber keine Sorge, wir können etwas dagegen tun! Hast du dir schonmal überlegt ins Hotel Business einzusteigen?

Was ist ein Wildbienenhotel überhaupt?

Stell dir vor, es ist wie ein Apartmenthaus für bestimmte Wildbienenarten – die sogenannten Hohlraumnister. Diese Bienen suchen nach kleinen, geschützten Röhren oder Löchern, um ihre Eier abzulegen. In der Natur finden sie solche Plätze in alten Käferfrassgängen in Totholz, in hohlen Pflanzenstängeln oder manchmal sogar in leeren Schneckenhäusern. Weil es aber immer weniger solcher natürlichen Nistplätze gibt, können wir ihnen mit einem selbstgebauten Hotel super helfen!

In so einer Röhre baut ein Wildbienenweibchen mehrere kleine „Kinderzimmer“ (Brutzellen) hintereinander. In jedes Zimmer legt es ein Ei und packt einen Futtervorrat aus Pollen und Nektar dazu – quasi ein Lunchpaket für den Nachwuchs. Dann mauert es das Zimmerchen zu, oft mit Lehm, Sand oder zerkauten Blättern, und baut das nächste. Wenn die Röhre voll ist, verschliesst die Biene den Eingang sorgfältig. Im Inneren entwickeln sich die Larven, verpuppen sich und schlüpfen meist im nächsten Frühling als fertige Bienen!

Warum selber bauen statt kaufen?

Klar, im Laden gibt es viele fertige Bienenhotels. Aber Vorsicht: Viele davon sind leider Schrott! Sie sehen vielleicht nett aus, sind aber oft aus falschen Materialien gebaut, haben gefährliche Splitter an den Löchern, sind zu klein oder falsch konstruiert. Das kann für die Bienen unbrauchbar oder sogar gefährlich sein (z. B. durch Schimmel oder Verletzungen). Wenn du selbst baust, weisst du genau, was drin ist, lernst dabei und kannst ein echtes 5‑Sterne‑Luxushotel für deine kleinen Gäste zimmern. Und: Selbermachen rockt!

Worauf kommt’s beim Bau an? Das richtige Material ist King!

Super geeignet:

  • Hartholz-Klötze
    Gut abgelagertes (mindestens 2 Jahre getrocknetes!) Holz von Laubbäumen wie Esche, Buche, Eiche, Obstbäumen (Apfel, Birne). Frisches Holz reisst beim Trocknen, und diese Risse können die Brutgänge zerstören oder die Bienen verletzen.
  • Bambusrohre oder Schilfhalme
    Hohle Stängel sind perfekt. Achte darauf, dass sie innen glatt sind und unterschiedliche Durchmesser haben (ca. 3–9 mm).
  • Pappröhrchen
    Feste, stabile Pappröhrchen (keine weichen Strohhalme!) können auch funktionieren, müssen aber gut vor Regen geschützt werden.
  • (Für Fortgeschrittene) Markhaltige Stängel
    Z. B. Brombeere, Himbeere, Holunder, Königskerze. Manche Bienenarten nagen sich hier selbst einen Gang hinein – am besten senkrecht und einzeln anbieten, nicht liegend im Hotelkasten.

Absolut ungeeignet (Finger weg!):

  • Nadelholz (Tanne, Fichte, Kiefer)
    Es harzt (verklebt die Flügel) und die Fasern quellen bei Feuchtigkeit auf, was Gänge verstopfen oder die Bienen verletzen kann.
  • Holzscheiben (Stirnholz)
    Bohrungen in die Schnittfläche reissen beim Trocknen ringförmig ein, zerstören die Brutgänge und töten die Brut. Immer in die Längsseite bohren (parallel zur Faser)!
  • Plastik- oder Glasröhrchen
    Darin sammelt sich Schwitzwasser, was zu tödlichem Schimmel führt.
  • Stroh, Holzwolle, Tannenzapfen, Holzhackschnitzel
    Bieten keinen Nistplatz für Wildbienen und locken eher Spinnen oder Ohrenkneifer an.
  • Lochziegel
    Löcher sind meist zu gross, kantig und bieten keinen Schutz vor Feuchtigkeit oder Parasiten.

Bastelanleitung für dein Wildbienen-Hotel

Los geht’s! Such dir einen Erwachsenen, der dir vielleicht beim Sägen oder Bohren hilft. Sicherheit geht vor!

Was du brauchst:

Für den Rahmen

  • Eine offene Holzkiste (unbehandelt!)
  • Oder: Mehrere Bretter aus unbehandeltem, wetterfestem Holz (z. B. Lärche, Eiche, Douglasie), um einen Kasten (ca. 15 cm tief oder tiefer) selbst zu bauen
  • Optional: Ein Brett für ein kleines Dach

Für die Füllung (wähle eine oder kombiniere)

  • Mehrere Klötze aus trockenem Hartholz (mind. 10 cm, besser 15 cm tief)
  • Viele Bambus- oder Schilfröhrchen (gleiche Länge wie die Klötze)
  • Stabile Pappröhrchen (gleiche Länge)

Werkzeug

  • Säge (um Holz und Röhrchen zu kürzen)
  • Bohrmaschine mit scharfen Holzbohrern (Grössen 2 mm bis 10 mm, die meisten zwischen 3–6 mm)
  • Schleifpapier (mittel und fein)
  • Gartenschere oder feine Säge (für die Röhrchen)
  • Schrauben oder Nägel (für den Rahmen)
  • Zollstock oder Lineal

Schritt für Schritt zum Bienen-Paradies:

  1. Der Rahmen (Das Hotelgebäude)
    • Wenn du eine fertige Kiste nimmst: Perfekt, weiter zu Schritt 2!
    • Wenn du selbst baust: Säge die Bretter so zu, dass du einen Kasten ohne Vorder‑ und Rückseite baust (Tiefe mind. 10 cm, besser 15 cm). Schraube oder nagle die Bretter fest zusammen.
    • Wichtig: Keine Holzschutzmittel oder Farbe innen! Außen umweltfreundliche Lasur auf Naturölbasis möglich, Eingangsbereich und Innere unbehandelt lassen.
  2. Die Füllung vorbereiten (Die Hotelzimmer)
    • Hartholz-Klötze: Auf Rahmenhöhe zusägen (mind. 10 cm, besser 15 cm tief).
    • Bambus/Schilf/Pappröhrchen: Auf gleiche Länge schneiden. Hinteres Ende dicht verschließen (Watte, Baumwollstoff oder ungiftiger Holzkitt). Vorderkanten sauber und nicht ausgefranst.
  3. Löcher bohren (Nur bei Hartholz-Klötzen)
    • In der Längsseite bohren (parallel zur Faser, nie in die Stirnseite!).
    • Durchmesser: 2 mm bis 10 mm, möglichst viele Größen (meist 3–6 mm am beliebtesten).
    • Tiefe: Mindestens 5–6 cm, besser 8–10 cm, nicht ganz durchbohren.
    • Sauberkeit: Langsam bohren, Bohrstaub ausblasen oder absaugen.
    • Eingänge glätten: Schleife die Ränder glatt und rund, damit keine Splitter die Bienen verletzen.
  4. Das Hotel füllen
    • Holzklötze und/oder Röhrchen dicht und wackelfrei in den Rahmen schichten.
    • Keine Klebstoffe – enge Passform hält alles sicher.
  5. Das Dach (Sehr empfohlen!)
    • Ein Brett oben so montieren, dass es nach vorne mindestens 5 cm übersteht. So bleiben die Eingänge trocken und geschützt.

5-Sterne Luxushotel
Hier sind schon fast alle Zimmer belegt

Der perfekte Standort: Sonne, Schutz und Ruhe!

Dein Hotel ist fertig? Klasse! Jetzt braucht es den richtigen Platz:

  • Sonne: Wildbienen lieben Wärme! Hänge oder stelle dein Hotel an einen vollsonnigen, nach Süden, Südosten oder Südwesten ausgerichteten Platz. Morgensonne ist besonders gut, damit die Bienen schnell aktiv werden.
  • Wetterschutz: Ein Platz unter einem Dachvorsprung, an einer Hauswand, auf einem Balkon oder in einem offenen Schuppen ist ideal. Das Hotel muss absolut regensicher sein! Nässe führt zu Schimmel und Kälte.
  • Stabil: Das Hotel muss fest angebracht sein (angeschraubt, nicht nur an einem Draht hängend) und darf nicht im Wind baumeln oder wackeln. Bienen mögen keine schaukelnden Wohnungen.
  • Freier Anflug: Achte darauf, dass keine Zweige, Blätter oder Gräser direkt vor den Eingängen hängen und den Anflug stören.

Hotelmanagement für Faule: Was muss ich tun?

Fast nichts! Das ist das Tolle am Bienenhotel:

  • Nicht putzen: Die Bienen kümmern sich selbst darum oder neue Bienen nutzen leerstehende Röhren. Lass die verschlossenen Röhren unbedingt in Ruhe – dort entwickelt sich der Nachwuchs! Auch scheinbar leere Röhren können noch überwinternde Larven enthalten.
  • Ganzjährig draussen lassen: Ja, auch im eiskalten Winter! Die Larven sind angepasst und überwintern im Hotel. Wenn du es im Herbst oder Winter reinholst (auch in die kühle Garage), störst du ihren natürlichen Lebenszyklus und sie schlüpfen zur falschen Zeit oder gar nicht.
  • Geduld haben: Es kann etwas dauern, bis die ersten Gäste einziehen. Manchmal finden sie das Hotel erst im zweiten Jahr. Beobachte einfach mal, wer so vorbeischaut!

Nicht vergessen: Das Bienen-Restaurant direkt nebenan!

Eine Nisthilfe ohne ausreichend Futterpflanzen in der Nähe ist für die Bienen wertlos. Sie brauchen Pollen und Nektar für sich und ihren Nachwuchs – vom Frühling bis in den Herbst.

  • Pflanze heimische Wildblumen: Glockenblumen, Natternkopf, Wilder Majoran, Flockenblumen, Witwenblumen, Wiesensalbei… je vielfältiger, desto besser! Viele Wildbienen sind auf bestimmte heimische Pflanzen spezialisiert.
  • Kräuter: Blühender Thymian, Lavendel, Ysop, Borretsch sind sehr beliebt.
  • Blühende Sträucher und Bäume: Weidenkätzchen (superwichtig im Frühling!), Obstbäume, Beerensträucher (Himbeere, Brombeere), Weissdorn.
  • Balkonkasten-Paradies: Auch auf kleinem Raum kannst du bienenfreundliche Kräuter und Blumen pflanzen.
  • Verzichte auf Gift: Benutze keine Insektenschutzmittel oder Unkrautvernichter im Garten oder auf dem Balkon. Sie schaden den Bienen direkt oder vergiften ihre Nahrung.
  • Keine gefüllten Blüten: Blumen mit dicht gefüllten Blüten (wie viele Zuchtrosen oder Dahlien) bieten Bienen keine Nahrung. Wähle Sorten mit offenen, einfachen Blüten.

Ist das Bienenhotel die Rettung für alle Bienen?

Leider nein. Dein Hotel hilft vor allem den Hohlraumnistern – und das ist nur eine Minderheit der Wildbienenarten (in Mitteleuropa gibt es Hunderte!). Die grosse Mehrheit (über 70 %) sind Erdnister, die ihre Nester selbst in den Boden graben – in sandige Flächen, an Böschungen oder in spärlich bewachsener Erde. Andere nisten in markhaltigen Stängeln oder Totholz.

Dein Bienenhotel ist ein toller Anfang und ein wichtiges Zeichen, dass du dich kümmerst! Wenn du noch mehr tun willst:

  • Schaffe Vielfalt im Garten: Lass auch mal eine „wilde Ecke“ mit lockerem Boden, Sand, Totholz oder einem Steinhaufen zu.
  • Pflanze heimische Blumen: Das hilft allen Bienenarten und vielen anderen Insekten.
  • Mähe seltener: Lass Teile deines Rasens zur Blumenwiese werden.
  • Erzähl anderen davon: Mach Freunde und Familie auf Wildbienen und ihre Bedürfnisse aufmerksam.
  • Unterstütze eine bienenfreundliche Umwelt: Kaufe Bio-Produkte oder unterstütze Projekte, die Lebensräume für Insekten schaffen.

Werde zum Bienen-Forscher!

Beobachte dein Hotel: Welche Löcher werden zuerst besiedelt? Siehst du Bienen mit dicken Pollenpaketen an den Beinen? Kannst du verschiedene Verschlussmaterialien erkennen (grauer Lehm, grüne Blattstücke, weisses Harz)? Es ist total spannend, das Leben am Bienenhotel zu verfolgen und die verschiedenen kleinen Persönlichkeiten kennenzulernen!

Viel Spass beim Bauen und Beobachten deiner neuen summenden Untermieter! Du tust damit etwas richtig Gutes für die Natur.

Weiterführende Informationen

Wenn du dich eingehender mit dem Thema beschäftigen willst, empfehlen wir die die Website des Wildbienen-Spezialisten Paul Westrich. Hier findest du viele Beispiele und ausführliche Erklärungen.

Grundlagen

Förderung von Hohlraumnistern

Nisthilfen für Hohlraumnister

Ungeeignete Nisthilfen

Ungeeignete Nisthilfen

Förderung von Markstängelnistern

Förderung von Totholznistern

Förderung von Steilwandnistern

Förderung von Erdnistern

Weiterführende Quellen

Bienen-Hotels (Anleitungen und Beispiele):

naturschutz.ch

lbv.de

geo.de

wildBeech auf Youtube

Informationen zu einheimischen Blütenpflanzen:

FuturePlanter.ch

floretia.ch

Projekte zur Förderung der Biodiversität und Artenvielfalt in der Schweiz:

bafu.admin.ch

igwildebiene.ch

Ich bin Umweltpsychologe und Co-Founder von Seigut. Momentan schreibe ich meine Doktorarbeit darüber, wie man Apps gestalten kann, um umweltfreundliches Verhalten zu fördern. In meiner Freizeit bin ich in der Pfadi aktiv, vor allem bei grösseren Projekten. Ansonsten bin ich am liebsten draussen in der Natur.

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